Meine Damen und Herren,

 

Auf die Frage: „Was ist Kunst?“ sind ebenso vielfältige wie vielschichtige Antworten möglich. Keine Sorge, wir wollen das hier und jetzt nicht weiter vertiefen, sonst stehen wir morgen früh noch hier. Eines jedoch ist sicher: Dass jedes Kunstwerk und jede Ausstellung, die wir betrachten, uns der Antwort auf diese Frage etwas näher bringt. Und deshalb will ich mich lieber denjenigen zuwenden, die Kunst geschaffen haben.

 

Da ist zunächst Abija Holtkamp:

 

Sie ist Mitte 30 und wurde im schönen münsterländischen Warendorf geboren. Heute lebt sie in Wuppertal und arbeitet dort als Lehrerin

 

Schon als Kind fing sie mit dem Malen an. Ok, haben wir wohl fast alle. Zumindest bis zu einem bestimmten, eher von Cheerleading, Reitstunden oder Fußbällen geprägten Alter. Bei ihr aber zog sich der Hang zum schöpferischen Ausdruck durch alle Entwicklungsphasen des Erwachsenwerdens hindurch und sie schleppte stets Block und Stift mit sich rum. Auf dem Gymnasium belegte sie den künstlerisch-musischen Zweig mit kunstschaffenden Zusatzstunden außerhalb des normalen Schulbetriebes und erfuhr so eine vertiefte künstlerische Bildung und Ausbildung, die schließlich mit Kunst als Abiturfach gipfelte.

 

Liebe Freundinnen und Freunde der Kunst,

Abija Holtkamp gestaltet ihre Kunstwerke intuitiv, vorzugsweise mit dickflüssigen Aquarellfarben aus der Tube. Als Arbeitsgeräte dienen Spachtel, Sprühflaschen und zumeist recht große Pinsel. Gemalt wird nass in nass auf nassem Papier, gern in Blautönen, weil es ihre Lieblingsfarbe ist. Blau strahlt Ruhe und Gelassenheit aus und ist auch in ihrem Gesamtwerk die dominierende Farbe. Und sie arbeitet immer abstrakt, lehnt konsequent jegliche naturalistische Abbildungen ab.

 

Als Autodidaktin ohne direkte Vorbilder und Orientierungshilfen ist sie künstlerisch auf sich selbst gestellt. Auch wenn Claude Monet einer ihrer Lieblingsmaler ist, eifert sie ihm nicht nach, sondern geht intuitiv ihre persönlichen, individuellen Wege. Die eigene Phantasie ist ausschlaggebend und antreibend.

 

Die Malerei holt sie dabei aus ihrem oftmals sehr anstrengenden, ja stressigen Alltag heraus und führt sie in eine andere, harmonischere Welt, bis sie schließlich Teil wird des Bildes, das sie gerade gestaltet.

Es ist der Reiz der Farben, Formen und Kontraste, der weichen Verläufe im Zwiespalt mit den klaren Linien, der sie zu Pinsel und Spachtel greifen lässt. Und es ist die Faszination der gewollten oder zufällig entstehenden Gefüge und farblichen wie strukturellen Gegensätze, denen gleichwohl eine ruhig schwingende Harmonie innewohnt.

 

Zunächst war das alles noch ein engagiertes, semiprofessionelles Hobby. Dann fasste sie eines Tages den Mut und präsentierte sich und ihre Kunst erst zaghaft, dann zunehmend selbstbewusst auf Instagram. Und erreichte so sehr viele weitere kunstinteressierte Menschen. Das positive Echo, das sie dann von überall her bekam, motivierte sie natürlich.

 

Sie sieht viele Vorteile in ihrer Präsenz auf Instagram: z.B. die ständige Inspiration durch das Betrachten der Kunst anderer Kunstschaffender, den ständigen Austausch und die ständige Anregung, Neues auszuprobieren und die eigenen Techniken und Ausdrucksformen zu erweitern.

 

Zurzeit ist sie ferner mit Buchillustrationen beschäftigt. Eine Freundin, Hannelene Schilar, ist Schriftstellerin und Autorin des Buches "Und der Tod flüsterte zum Leben". Abija Holtkamp ist die Illustratorin dieser gefühlvollen Erzählung. Beide sind im Geiste vereint und so passen Texte zu Bildern und Bilder zu Texten als wären sie füreinander gemacht. Sind sie ja auch.

 

Aber auch im Beruf als Lehrerin versucht sie trotz der strammen Lehrpläne stets ihre Schüler an die Kunst heranzuführen. Wobei sie besonderen Wert auf das freie Zeichnen legt. "Man kann gar nicht früh genug anfangen, junge Mensche an die Welt der künstlerischen Gestaltung heranzuführen", ist sie überzeugt. Und so dürfen in ihren Unterrichtseinheiten die lieben Kleinen ihre Kreativität ausleben.

 

Kommen wir nun zu Manfred Holtkamp:

 

Er wurde 1960 ebenfalls in Warendorf geboren. (Offensichtlich eine gute Gegend für Kunstschaffende, irgendetwas Kreativität förderndes mischen die da wohl in ihr Trinkwasser) Manfred ist gelernter Tischler und absolvierte seine Meisterprüfung in Münster. Er ist verheiratet und die Liebe, seine Liebe, lockte ihn seinerzeit in den Bannkreis des Ruhrgebietes, nämlich nach Wetter an der Ruhr.

Seit mehr als 20 Jahren beschäftigt er sich neben dem professionellen Möbelbau und der Ausstellungsarchitektur in bedeutenden Museen und Galerien des Landes auch mit der Bildhauerei. Er besuchte unter vielem anderem Workshops bei der bekannten Künstlerin Ines Trost und verwirklichte ein Landart-Projekt in Frankreich. In der Zeit von 2004 bis 2008 studierte er nebenberuflich Bildhauerei in Bochum.

 

Seit 2002 zeigt Manfred Holtkamp seine Skulpturen in zahlreichen Ausstellungen, unter anderem in Hagen, Bochum, Witten und Dortmund, in Köln, Berlin und mehrmals auch in New York. Er präsentiert seine Werke auf der weltweit renommierten Plattform "Skulpture Network" und ist Mitglied der "Mirca Artgroup", einer internationalen Assoziation freischaffender Künstlerinnen und Künstler. Nicht zu vergessen: Manfred ist auch aktives Mitglied bei artENreich, dem Kunstverein im Ruhrtal.

 

Liebe Kunstinteressierte,

Schlendert man unbedarft durch sein Werkstatt-Atelier an der Bergstraße in Wetter, gleicht das einer kleinen Entdeckungsreise. Zwischen all den Maschinen zum professionellen Möbelbau, zwischen groben Bohlen und feinen Leisten, zwischen Stapeln aus Tischlerplatten und aufgesägten Baumstämmen finden sich unter einer ansehnlichen Schicht aus Schleifstaub und Sägemehl in jeder Ecke angefangene Kunstobjekte oder fast fertige Skulpturen. Ideen halt, deren Zeit und Reife für den Fertigbau noch nicht gekommen ist. Ideen, die den Künstler aus dem routinemäßigen Brot- und Butter-Tischlern herausführen und ein Spiegel seiner Kreativität sind.

 

Manfred Holtkamp liebt Hölzer. Hölzer mit ausgeprägtem Charakter, mit kraftvoller Maserung wie Pflaume und Kirsche oder mit ebenmäßiger

Textur wie Eiche und Linde. In der Bearbeitung betont er das Natürliche und Gewachsene des Werkstoffs und verfremdet es gleichzeitig wieder durch schroffe Winkel und verwegene Schnitte.

 

Es sind kraftvolle und zugleich sehr feinsinnige Skulpturen, die aus diesen Hölzern entstehen. Eine Kombination aus strengen, geraden Kanten und weichen, fließenden, fast organischen Formen. Dabei sind sie geometrisch oft hochkomplex und bei aller Anmut manchmal geradezu verwirrend.

 

Manfred Holtkamp liebt nicht nur Holzer er liebt auch das Experimentieren mit diesem Werkstoff, das Spiel mit den Materialien und den natürlichen Farben des Holzes. Samtig polierte Flächen stehen gern in lebhaftem Kontrast mit rauem Rohholz oder mit groben Sägekanten.

 

Die Skulpturen entstehen handwerklich hochprofessionell. Sie sind oft das Produkt einer spontanen Eingebung, einer aufblitzenden Idee, die dann nach den ersten Schritten des Bauens mit reichlich Überlegung Stück für Stück weiter gebaut werden. Wobei dieses Stück für Stück auch wieder aus einzelnen kleinen Kunstwerken bestehen kann. Dazu gesellt sich bei vielen Objekten auch ein sehr sparsamer, akzentuierter Umgang mit Acrylfarben. So ganz nebenbei sei erwähnt: Er beschäftigt sich auch mit Malerei. Aber bescheiden, wie er ist, nennt er das lieber „Umgang mit Farben“.

 

Unterhält man sich mit ihm über seine künstlerische Arbeit, fallen oft Worte wie Spaß und Freude, Liebe und Leidenschaft. Spaß an der Kreativität, Freude an Formen und Farben, Liebe zum Detail und Leidenschaft fürs Gestalten und Experimentieren. Und dieses Vergnügen, diesen Genuss an dem was er da tut, sieht man den Werken auch an.

 

Meine Damen und Herren,

was wir hier heute sehen und erleben, ist keine Kunst, die im Elfenbeinturm entsteht und es sind auch keine vom Markt als Kunstaktie geweihte, stromlinienförmige Renditeprodukte. Was wir hier sehen, ist Kunst, die sich noch nicht an den Kommerz geklammert hat, sondern aus dem Herzen kommt. Und mit dem Herzen sollte man sie auch betrachten.

 

 

So, unter Pastoren heißt es „Du darfst über alles predigen, nur nicht über 7 Minuten“. Ich bin zwar kein Geistlicher aber ich möchte mich auch an diese schöne Regel halten. Darum überlasse ich Sie jetzt ihrem Schicksal und dieser wunderschönen Ausstellung und wünsche Ihnen viel Vergnügen und interessante Einblicke und Ausblicke in die Welten von Abija und Manfred Holtkamp.

 

Dr. Jürgen Theobald